Kein Sexkaufverbot, sondern Rechte & Respekt!

Kein Sexkaufverbot, sondern Rechte & Respekt!

Pressemitteilung – Pressemitteilung – Pressemitteilung – Pressemitteilung

Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat ein sehr fragwürdiges Positionspapier „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ (1) verabschiedet und für Deutschland die Einführung des sog. Nordischen Modells gefordert.

Das Nordische Modell kommt einem Sexkaufverbot gleich, wo Kunden von Sexarbeiter*innen bestraft und Bordelle geschlossen werden. Sexarbeiter*innen dürfen zwar ihrem Job weiterhin nachgehen, aber unter deutlich schlechteren, prekäreren Bedingungen. Dies ist mit einem immer wieder wiederholten Ziel, dem Schutz von Sexarbeiter*innen, nicht vereinbar.
Aber auch nicht mit unserem Grundgesetz und den allgemeinen Menschenrechten ist dies nicht vereinbar. Denn jeder Mensch hat ein Recht auf Sexualität und das Recht, seinen Beruf frei zu wählen (Art. 12 GG).

Offensichtlich ist die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages auf die ambitionierten Machtbestrebungen von Frau Bär, ehemalige Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin Merkel und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, hereingefallen. Auf jeden Fall lässt das Positionspapier jede Sachlichkeit missen, wie auch eine faktenbasierte Analyse. Sie strotzt vor Fakenews, Populismus, Dramatisierung und moralischen, paternalistischen Bewertungen. Z. B.:

  • Es sind weder 250.000 noch 400.00 oder mehr Sexarbeiter*innen in Deutschland tätig. Laut letzter Pressemitteilung des Statischen Bundesamtes waren zum Jahresende 2022 bei den Behörden rund 28 280 Prostituierte gültig angemeldet. (2)
  • 85 bis 95% der Sexarbeiter*innen würden nicht freiwillig dem Job nachgehen. Bei der engmaschigen Überprüfung nach dem ProstSchG mit seiner regelmäßigen Anmelde- und Beratungspflicht bei Behörden ist dies nicht belegt – auch die Zahlen des BKA sprechen eine deutlich andere Aussage.
  • Eine Sexarbeiter*in verkauft nicht ihren Körper, sondern eine sexuelle Dienstleistung. Mit diesen und ähnlichen Bezeichnungen will man offensichtlich die Sexarbeit diskreditieren und moralisch bewerten.
  • Das sog. Nordische Modell hat sich in den Ländern wie z. B. Schweden, Frankreich und Irland nicht bewährt. Im Gegenteil: es liegen mehr und mehr Studien vor, die bestätigen, dass die Sexarbeiter*innen ins Dunkelfeld gedrängt werden, dass ihnen sichere Arbeitsplätze fehlen und sie deutlich mehr Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind. (3) Die Corona-Pandemie mit der Schließung der Bordelle und einem (teilweisen) Verbot der Prostitution hat deutlich die Gefahren aufgezeigt.

Wir bestreiten nicht, dass es Missstände in unserer Branche gibt. Das ProstSchG hat hier jedoch deutliche Maßstäbe gesetzt und überwacht die einzelnen Prostitutionsstätten in regelmäßigen Abständen und bestätigt mit der Erteilung der Erlaubnisse eindeutig die Rechtmäßigkeit des jeweiligen Bordells mit überprüften, fairen Arbeitsbedingungen. Die Branche insgesamt zu diskreditieren, führt nur zur Ablehnung und Abwendung von der Politik.

Wir fordern, an die Sexarbeit keine anderen, insbesondere moralische Maßstäbe anzulegen als an andere Gewerbetreibenden und Erwerbstätigen.

Auch muss die Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes abgewartet werden. Sie soll Anfang 2025 vorliegen. Erst dann kann von einer faktenbasierten Erkenntnislage gesprochen werden! (4)

Und wir fordern: Redet mit uns! – Wir sind die Experten!

V.i.S.P.: Stephanie Klee/Vorstand

Quellen:

  1. Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ vom 07. 11. 2023: https://www.cducsu.de/sites/default/files/2023-11/Positionspapier%20Sexkauf%20bestrafen.pdf
  2. Anzahl der Sexarbeiter*innen in Deutschland: https://bsd-ev.info/wp-admin/post.php?post=1581&action=edit
  3. Infos und Stimmen gegen ein Sexkaufverbot: https://bsd-ev.info/sexkaufverbot/
  4. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen ist von der Bundesregierung mit der Evaluierung des ProstSchG beauftragt worden: https://bsd-ev.info/evaluation-des-prostschg/

Pressemitteilung als pdf – Pressemitteilung 09.11.2023: Kein Sexkaufverbot, sondern Rechte & Respekt!

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Ein interessanter Beitrag auf dem Verfassungsblog von Teresa Katharina Harrer vom 17.11.2023:
„Der alte Wunsch nach einfachen Lösungen
Die Unionsfraktion fordert ein Sexkaufverbot – doch gut gemeint ist manchmal unterkomplex“

17.02.2021 – Am Aschermittwoch ist alles vorbei … Stellungnahme zum Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

17.02.2021 – Am Aschermittwoch ist alles vorbei … Stellungnahme zum Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aber auch der SPD-Parteivorstand und andere wollen die Grund-Rechte von Sexarbeiter*innen extrem beschneiden und die Prostitutionsbranche deutlich mehr kontrollieren und beschneiden.

Dabei missachten alle, dass Verbote und Einschränkungen noch nie viel gebracht haben. Was es braucht, ist ein breiter Dialog, neue Ansätze und für tatsächliche Probleme konkrete, strukturelle Lösungen.

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21. November 2019 – Die Fachwelt warnt vor einem Sexkaufverbot

Debatte über Prostitution: Verbände und Beratungsstellen informieren über Gefahren einer Kriminalisierung und stellen sinnvolle Alternativen vor.

In einem gemeinsamem Positionspapier forderte die Deutsche Aidshilfe e.V., der Deutscher Frauenrat e.V., der Deutscher Juristinnenbund e.V., die Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., die Dortmunder Mitternachtsmission e.V. – Beratungsstelle für Prostituierte, Ehemalige und Opfer von Menschenhandel und contra e.V. Kiel – Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein Sexarbeiter*innen zu unterstützen statt der Forderung nach einem Sexkaufverbot nachzugeben.

„Politiker_innen verschiedener Parteien streben zurzeit ein so genanntes Sexkaufverbot nach dem „nordischen Modell“ an: Sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, soll verboten werden. Fachverbände und Beratungsstellen erteilen der Kriminalisierung der Sexarbeit in einem gemeinsamen Positionspapier eine klare Absage. Denn das Sexkaufverbot würde Sexarbeiter_innen schaden und die Präventionsarbeit dramatisch erschweren.

Internationale Studie und Erfahrungen in Ländern wie Schweden und Frankreich zeigen: Jede Form der Kriminalisierung von Prostitution schützt die Sexarbeiter_innen nicht, sondern erhöht das Risiko, dass sie Opfer von Gewalt oder anderen Straftaten werden und sich sexuell übertragbare Infektionen zuzuziehen.

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Schlagwort: Positionspapier