Zur Frage, ob Sexarbeiter*innen während des 2. Lockdowns weiterhin in Bordellen wohnen/übernachten können, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend schriftlich gegenüber den Bundesländern erklärt, dass zur Abwendung einer Notlage eine ausnahmsweise Abweichung von § 18 Abs. 2 Nr. 7 ProstSchG rechtlich zulässig sei – unter den Voraussetzungen, dass
– die Räume nicht für sex. Dienstleistungen genutzt werden,
– die Sexarbeiter*innen nicht an anderen Stellen arbeiten,
– dies nur zum Schutz von Sexarbeiter*innen in der aktuellen Corona-Situation genutzt werden,
– es nicht zu einer Ausbeutung der Sexarbeiter*innen kommt.
Damit soll einer drohenden Obdachlosigkeit begegnet werden.
Mit dem Schreiben des Bundesfamilienministeriums kann gegenüber den Ordnungsämtern argumentiert werden. Ein NO von dieser Seite dürfte nunmehr nicht mehr gerechtfertigt sein!
Ein unerwarteter Beitrag bei Volle Kanne, dem Morgenmagazin im ZDF, ergänzt quasi die Idee von Strich / Code / Move und gibt Einblicke in den Alltag eines Wohnungsbordells. Ein mutiges und neugieriges Reporterteam rund um Florian Weiss hat sich einen Tag lang erklären lassen, wie die Arbeitsabläufe im Salon Patrice in Dachau sind, angefangen mit dem Empfang des Gastes, über die Motivation der Sexarbeiter*innen und erforderlichen Renovierungsarbeiten bis hin zum leidigen ProstSchG.
Da wird deutlich, dass die Arbeit vieler migrantischer Sexarbeiter*innen wenig mit Ausbeutung und Zwang zu tun hat, sondern fast ausschließlich mit Armut und dem starken Willen der Frauen, für sich und ihre Kinder das Überleben zu garantieren und neuen, besseren Lebensperspektiven. Und ganz besonders ihnen würde es helfen, wenn das ansehen von Sexarbeit besser wäre, einherginge mit Respekt und rechtlichen Absicherungen.
Ihnen gehört unsere Hochachtung!
Doch letztendlich zeigt der Beitrag auch, wie unspektakuläre ein Arbeitsalltag in einem Bordell ist: er ist geprägt von Ruhe, langen Pausen, unaufgeregtem Kontakt mit dem Gast, aber immer mehr einengenden Regelungen durch das ProstSchG.