Recht muss sich den veränderten Gegebenheiten anpassen!

Seit Jahrzehnten schwebt das Damoklesschwert „Baurecht“ über den Bordellen. In unzähligen Gerichtsverfahren wurde immer wieder pauschal (= typisierend) und ohne Würdigung des betroffenen Einzelfalles entscheiden:

  • Bordelle stören – besonders in Wohn- und Mischgebieten,
  • Bordelle gehen einher mit „milieubedingten Begleiterscheinungen“ (u. a. Störungen, Alkohol, Lärm, Kriminalität),
  • Bordellen haften ein sog. Trading-down-Effekt an

und deshalb dürfen sie nicht in Wohn- und Mischgebieten angesiedelt werden, sondern max. in Industrie- und Gewerbegebieten.

Weil das Bau- und Baunutzungsrecht weder Bordelle, Prostitutionsstätten oder ähnliches nennt (allerdings z. B. Tankstellen, Hotels, Gewerbe des täglichen Bedarfs), setzte sich in der Verwaltung die Rechtsauffassung durch, dass

  • eine typisierende Betrachtungsweise beibehalten werden müsse und
  • dass die häufig in Eilverfahren ergangenen negativen Gerichtsentscheidungen für die baurechtlichen Schließungsverfügungen zugrunde gelegt werden müssten.

Bordellbetreiber*innen scheuten oft lange, emotionale und im Ausgang ungewisse Gerichtsprozesse und knickten ein bzw. sie waren allein wegen der Kosten dazu nicht in der Lage. Als Verband haben wir vielmals dazu Stellung genommen und unsere Mitglieder auch in Gerichtsprozessen aktiv unterstützt.

Ein Berliner Bordell gab nicht auf und erzielte mit der Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Margarete von Galen vor dem Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig einen enormen Sieg:

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09. 11. 2021: „Zulässigkeit eines sog. Wohnungsbordells in einem Mischgebiet

Berliner Morgenpost vom 10. 11. 2021: „Berliner Mieterin darf „Wohnungsbordell“ betreiben

Das Landesverwaltungsgericht muss sich der Sache jetzt erneut annehmen und hat die individuelle Situation des Bordells zu berücksichtigen – weg von der typisierenden Betrachtung. Das Verfahren ist also noch nicht zu Ende. Wir drücken weiter die Daumen.

Doch einmal mehr ist deutlich geworden: das Bau-, Baunutzungsrecht muss endlich verändert und den tatsächlichen Verhältnissen in der Branche angepasst werden. Das ist eine schöne Aufgabe für die zukünftige Bundesregierung!

 

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