Die Jungen Liberalen, Berlin-Mitte, sind interessiert, informieren sich und handeln dementsprechend.
Erst informierten sich sich ausführlich in einem Zoom-Meeting und stellten viele Fragen. Dann wollten sie sich einen eigenen Eindruck verschaffen und besuchten das Freudenhaus Hase, ein schon über 40 Jahre bestehendes Wohnungsbordell in Berlin. Sie ließen sich die Räume zeigen, die Abläufe erklären und diskutierten dann mit den Sexarbeiter*innen und der Bordellbetreiberin. Dabei ließen sie es dann jedoch nicht bewenden, sondern diskutierten intern und positionierten sich öffentlich:
FREI, FREIER, SEXARBEIT!
Beschlossen vom Bezirksvorstand am 12.03.2024
Als Liberale ist uns die Selbstbestimmung ein zentrales Anliegen. Dies schließt die sexuelle
Selbstbestimmung uneingeschränkt mit ein, einschließlich der freien Entscheidung über die
Ausübung von Sexarbeit.
Deswegen sprechen wir uns als Junge Liberale Berlin ganz klar gegen Sexkaufverbote oder
anderen Formen der Kriminalisierung, wie das „Schwedische Modell“, aus. Denn diese drängen
die Sexarbeitenden in die Kriminalität, wodurch selbstbestimmte Sexarbeit und menschenwürdige Arbeitsbedingungen nur noch schwerer sicherzustellen sind.
Für Selbstbestimmung und gegen Kriminalisierung
Die derzeitige Regulierung der Sexarbeit zielt zwar darauf ab, Sexarbeitende vor Ausbeutung zu
schützen, verfehlt jedoch oft die Realität. Insbesondere erschwert sie die Arbeit nur für diejenigen, die diesem Beruf freiwillig nachgehen. Dies muss sich ändern.
Jedes Jahr sind Sexarbeitende dazu verpflichtet, an gesundheitlichen Beratungen teilzunehmen.
Diese Beratungsgespräche sind zum Teil nicht nur stigmatisierend, sondern vermitteln Menschen, die im Sexgewerbe tätig sind, keinerlei neue Informationen. Daher fordern wir als Junge Liberale Berlin, dass die Verpflichtung, an diesen Schulungen teilzunehmen, vollständig entfällt.
Gesundheitliche Beratungen sollen als freiwilliges Angebot weiterhin bestehen bleiben.
Zusätzlich zu den gesundheitlichen Beratungen müssen Sexarbeitende alle zwei Jahre ihre
Anmeldebescheinigung, auch „Hurenpass“ genannt, verlängern lassen. Nicht nur enthält, dieser
keinerlei Informationen abgesehen von einem Passfoto, sondern viele Sexarbeitende fühlen sich bei dem Mitführen der Bescheinigung diskriminiert. Der Pass dient in keinster Weise dem Schutz von Sexarbeitenden. Ganz im Gegenteil, da Betroffene von beispielsweise Zwangsprostitution in der Regel nicht angemeldet sind, wenden sie bei Übergriffen weniger an Behörden, da sie eine Strafe befürchten. Deswegen setzen wir uns für eine Abschaffung des „Hurenpass“ ein.
Darüber hinaus sollen Personen, die der Prostitution nur nebenberuflich und im geringen Maße
nachgehen, nicht mehr unter die strengen Auflagen des Prostituiertenschutzgesetz fallen.
Obwohl Bordelle für Sexarbeitende eine der sichersten Orte sind, ihre Arbeit durchzuführen, sind sie am stärksten reguliert und erfahren am häufigsten Prüfungen durch Behörden. Sexarbeitende, die ihre Dienstleistung hingegen alleine in Wohnungen anbieten, laufen eine höhere Gefahr ausgenutzt zu werden. Deswegen sollen die Ressourcen der Behörden in Zukunft bei Einrichtungen, die in der Vergangenheit wenig bis gar keine Auffälligkeiten gezeigt haben, eingespart werden.
Zwangsprostitution bekämpfen
Wie in jeder Branche, gibt es auch im Bereich der Sexarbeit schwarze Schafe. Anstatt jedoch die gesamte Branche als Kollektiv zu bestrafen, muss explizit gegen Personen, die die Notlage von Sexarbeitenden ausnutzen, schärfer vorgegangen werden.
Derzeit wird die Ausnutzung einer Person im Rahmen von Prostitution weniger stark bestraft, als
wenn beispielsweise an einer Person gegen ihren Willen sexuelle Handlungen verübt werden.
Diesem Missverhältnis muss ein Ende gesetzt werden. Es kann nicht sein, dass ein Vergehen im
Bereich der Zwangsprostitution weniger stark geahndet wird.
Die Strafbarkeit nach § 181a StGB sollte auch auf Einzelfälle ausgeweitet werden, da bereits die
einzelne Ausbeutung oder Überwachung einer Person, die der Prostitution nachgeht, zum eigenen Vermögensvorteil eine erhebliche Grenzüberschreitung darstellt. In Deutschland ist es derzeit nur strafbar, wenn die Beziehung zu der betroffenen Person über den Einzelfall hinausgeht.
Ein tolles Beispiel für unser Motto: redet mit uns – nicht über uns!