Das sog. Düsseldorfer Modell ist eine „Besteuerungsart“, die es nur in Deutschland und nur in der Prostitutionsbranche gibt. Sie wurde erstmals in einem Düsseldorfer Laufhaus 1966 eingeführt. Eine Rechtsgrundlage hierfür gibt es bis heute nicht! Und sie wird nicht von allen Finanzämter in Deutschland angewandt; so z. B. nicht in Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Die Finanzämter sprechen von einem „Angebot“. SexarbeiterInnen können aber müssen dieses Angebot nicht annehmen.Die BordellbetreiberInnen können sich ebenfalls für oder gegen dieses „Angebot“ aussprechen. Wenn sie allerdings an diesem Düsseldorfer Verfahren nicht teilnehmen wollen, werden sie ggf. mit Druck und Drohungen von regelmäßigen Razzien und Überprüfungen der Finanzämter konfrontiert. (In solch einem Fall hilft dann nur noch eine Beschwerde.)
Auf die BetreiberInnen kommt bei Teilnahme an dem Düsseldorfer Verfahren eine umfangreiche und verantwortungsvolle Aufgabe zu: jeden Tag müssen sie in einer Liste des Finanzamtes alle Namen der SexarbeiterInnen oder deren Künstlernamen notieren. Von jeder, die daran teilnimmt, muss er/sie dann pro Anwesenheitstag die sog. Pauschalsteuer einziehen. Diese Beträge hat er/sie dann am Ende des Monats an das Finanzamt weiterzuleiten und haftet auch dafür. Die/der BetreiberIn wird also zum Erfüllungsgehilfen des Finanzamtes.
Die tägliche Pauschalsteuer beläuft sich auf 5,00 – 30,00 Euro (in Berlin wird der höchste Satz verlangt = 30,00 Euro), ist also keineswegs deutschlandweit einheitlich und muss gezahlt werden, auch wenn die Sexarbeiterin an dem Tag nichts verdient hat.
Die Pauschalsteuer gilt als Vorauszahlung auf die jeweilige Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer. Sie ist keine Abgeltungssteuer, d. h. die Sexarbeiterin muss nach dem Kalenderjahr – wie allgemein üblich – eine Steuererklärung abgeben. Dabei werden dann die gezahlte Pauschalsteuer-Beträge berücksichtigt. Deshalb ist es wichtig, sich vom Betreiber immer über die Zahlung eine Quittung ausstellen zu lassen.
Als BSD lehnen wir – außer in bestimmten Ausnahmefällen – diese prostitutionsspezifische Besteuerung ab, weilsie eine Sonderregelung nur für die Prostitutionsbranche darstellt,es trotz mehrmaliger Rüge des Bundesrechnungshofes dafür keine Rechtsgrundlage gibt (warum wohl?),die BetreiberInnen mit hoher Verantwortung und enormem Bürokratieaufwand zum Erfüllungsgehilfen des Finanzamtes gemacht werden,bei den SexarbeiterInnen im persönlichen Kontakt die Finanzbeamten immer wieder den Eindruck erwecken, als wenn es sich um eine Abgeltungsteuer handelt und sie mit dieser Regelung anonym bleiben könnten,das Klischee verfestigt wird, dass die Prostitutionsbranche anders und vor allem kriminell ist und nicht wie andere Branchen behandelt werden kann,SexarbeiterInnen so nicht professionalisiert und verselbständigt werden, sondern „dumm“ gehalten werden (es ist leichter, sich dem Düsseldorfer Verfahren anzuschließen und alles dem Betreiber zu überlassen, als seine eigene Buchführung und die Steuererklärung zu machen oder mit einem Steuerberater zusammen zu arbeiten).
Das Düsseldorfer Modell fördert keine Integration der Prostitutionsbranche im allgemeinen Wirtschaftsleben.