Fachkongress: „Zukunft Rotlicht“ in Frankfurt am Main
Unser Mitglied Klaus Fricke/Haus9 in Bremen, hat den Kongress besucht und uns folgenden Bericht gefertigt:
Eine verpasste Chance
Schäflein ins Trockene bringen
Zur Tagung Zukunft Rotlicht (1)
Die Rotlicht-Akademie als Veranstaltende ist mir – ich denke seit sie sich bewirbt – bekannt. Bisher hatte
ich ihren Angeboten keine Aufmerksamkeit gegeben. Der Rotlicht Titel mit dem ein Milieu assoziiert wird,
das als kriminell gilt (2), widersprach mir. Dessen Nutzung, ohne die daran gebundenen Entwertungen
kritisch zu thematisieren, hielt mich davon ab.
Es sind harte Zeiten für alle im Feld der erotischen und sexuellen Dienste Aktiven. Seien es Gäste,
Sexarbeitende, Betreibende, Dienstleistende für Sexarbeitende (Werbeplattformen, Erotikversand etc.),
Frauen, Transidente, Männer …
Das Neue Sexarbeitsrecht (NSR),
das im Titel behauptet es würde Sexarbeitende unter Schutz stellen, führt
erstmals seit dem deutschen Faschismus dazu, das alle Sexarbeitenden sich einer Registrierung zu
unterziehen haben. Eine amtliche Bloßstellung, die mit der Gefahr Ihrer öffentlichen Wiederholung
verbunden ist. Die Sicherheit der Daten von Sexarbeitenden ist nicht gewährleistet. Das Gesetz schützt
Sexarbeitende nicht davor, dass sie Ihre persönlichen Daten jedem, mit dem sie in eine Geschäftsbeziehung
treten, zwecks Ausstellung steuerlich gültiger Belege (3) zu offenbaren haben.
Sexarbeitenden wird unterstellt, sie trägen zur Brutalisierung der Sexualität bei. Gästen der Sexarbeit wird
unterstellt ein System der Unterdrückung zu etablieren und zu verbreitern. Betreibenden von
Sexarbeitsstätten, -veranstaltungen und Escortservices wird unterstellt ausbeuterische Verhältnisse zu
organisieren (4). Entwürdigende, vorverurteilende, sachgrundlose Beschimpfungen dieser Art bestimmen
immer wieder den öffentlichen Umgang mit den Aktiven des Feldes der erotischen und sexuellen Dienste.
Organisierte Arbeitsmöglichkeiten für Sexarbeitende werden erlaubnispflichtig. Nicht alle Betreibenden
werden das Erlaubnisverfahren durchlaufen wollen. Nicht alle, die es durchlaufen, werden eine Erlaubnis
erhalten. Dem Feld der erotischen und sexuellen Dienste wird die Luft genommen.
Naheliegend, so dachte ich, wäre es für die Tagungsteilnehmenden gewesen, sich gegen die öffentliche
Abwertung, gegen die gesetzlich in Vollzug befindliche Strangulierung des Feldes der erotischen und
sexuellen Dienste in Position zu bringen. Das hoffend, reiste ich an. Versuche die Diskussion in eine solche
Richtung zu lenken wurden unternommen. Sowohl von Vertretenden des BesD e.V. als auch von Dona
Carmen e.V.
Die Moderation und Podiumsteilnehmende stellten sich am Ende der Tagung nachdrücklich gegen eine
Diskussion zur politischen Positionsfindung pro Sexarbeit – kontra Gesetz und öffentliche Beschimpfung.
Im Laufe der Tagung gab es sehr selten und sehr verhalten Applaus. Bei wohl mehr als 200 Teilnehmenden.
Dieser brandete auf, als das Podium dem Anliegen Position zu beziehen, das Wort entzog.
Mein Eindruck: Viele der Versammelten erhofften sich Auskunft zur Frage, wie die eigenen Schäflein ins
Trockene zu bringen seien. Die Möglichkeit zur Solidarisierung zogen sie nicht in Betracht. Sie vergaßen,
das der Weg der Amtsbehandlung zwar trockenen Fußes zurückgelegt werden kann, an dessen Ende aber
die Abwicklung des eigenen Geschäftes in der selbstgewählten Vereinzelung stehen kann. (5)
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Quellen und Anmerkungen
(1)
Veranstaltet von:
https://www.rotlicht-akademie.de/start.html
Zugleich Inhaber von
(2)
https://de.wikipedia.org/wiki/Rotlichtmilieu
pdf [85 KB]
Für weitere Infos: https://zukunft-rotlicht.de/