Sexkaufverbot
Respekt statt Repression
Prostitutionsgegner*innen, wozu zunehmend Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU und SPD gehören, behaupten, dass ein sog. Sexkauf-Verbot Menschenhandel in die Prostitution sowie Ausbeutung und Gewalt in der Prostitution verhindern würde. Ab 15. Oktober 2019 arbeitet dazu sogar ein parlamentarischer Arbeitskreis „Prostitution – wohin?“ im Bundestag. Dabei beziehen sie sich auf die angeblichen Erfahrungen mit dem schon seit 20 Jahren bestehenden sog. Schwedischen Modell.
Ja, in Schweden (und anderen Ländern) ist der „Kauf von sexuellen Dienstleistungen“ verboten. Die Kunden werden mit einem Bußgeld oder Gefängnis bestraft und ggf. werden der Arbeitgeber und die Ehefrau per Brief informiert. Sexarbeiter*innen dagegen werden nicht bestraft.
Die Folge dieser Regelungen ist, dass es keine geschützten Arbeitsplätze für Sexarbeiter*innen mehr gibt. Sie gehen Risiken ein, sie müssen sich mit Kunden an dunklen Ecken treffen, denn sie wollen und können den Job nicht aufgeben. Die Arbeit ist extrem unsicher, stressig und auch gefährlich geworden. Natürlich gibt es keine Alternativangebote für Sexarbeiter*innen, die aussteigen wollen.
Das Schwedische Modell hat eine Wolke des Schweigens über die Menschen ausgebreitet. Nur unter vorgehaltener Hand sind sie bereit, offen ihre Meinung zur Sexarbeit zu äußern.
Schauen wir uns solch ein Verbot mal aus einer anderen Perspektive an:
Bzgl. der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie (oder den Saisonarbeiten in der Landwirtschaft) schrecken immer mal wieder Medienberichterstattungen die breite Öffentlichkeit auf. Dann heißt es z. B: „katastrophale Arbeitsbedingungen, unhygienische Verhältnisse, unzureichende Arbeitskleidung, miese Bezahlung und sogar Betrug gegenüber dem Sozialstaat, weil keine Sozialabgaben abgeführt werden, sondern über Subunternehmen selbstständige Erwerbstätigkeiten unterstellt werden, etc. Schnell wird dann der Bogen zur Klima-Frage geschlagen, denn zu viel Fleischverzehr führe zur Belastung der Böden und zu Monokulturen, weil die Tiere mit Soja gefüttert werden müssen, etc.
Aber niemand käme auf die Idee, die Fleischindustrie oder das Fleisch essen an sich zu verbieten. Selbstverständlich werden Rahmenbedingungen festgelegt und die Einhaltung von Gesetzen gefordert. Und diese wird dann vom Staat überprüft.
Nur in der Sexindustrie wollen die Prostitutionsgegner*innen die Zwangskeule schwingen. Als wenn das den Sexarbeiter*innen überhaupt was Positives bringen würde!
Vor allem müssen einmal folgende Fragen gestellt werden: Würde die Bekämpfung des Menschenhandels an sich nicht die effektivere und gezieltere Herangehensweise sein, wenn man Menschenhandel bekämpfen will? Wäre es nicht sinnvoll, die Mafia, Clans und dahinterstehenden Organisationen zu bekämpfen und deren Strukturen und Infrastruktur zu zerschlagen, anstatt ein Teil der Menschen die deren Opfer sind zu stigmatisieren und deren Leben zu erschweren, ja sogar vielen von ihnen die Existenzgrundlage zu entziehen – die Opfer noch mehr zu Opfern zu machen, anstatt ihnen zu helfen?
Wir sagen: Only rights can stop the wrongs!
Vielfältige Studien bestätigen die Unsinnigkeit dieses Schwedischen Modells, das manches Mal auch Nordisches Modell genannt wird.
Pressespiegel zum Thema „Sexkaufverbot“.
Wir empfehlen auch zur weiteren Lektüre – die Liste wird kontinuierlich ergänzt:
- 47/2023: der Freitag: Von wegen Wunderpille: Warum das „Nordische Modell“ ein Irrweg ist
- 19.11.2023: FAZ: Wer Freier bestraft, schadet auch den Prostituierten
- Ein interessanter Beitrag auf dem Verfassungsblog von Teresa Katharina Harrer vom 17.11.2023:
„Der alte Wunsch nach einfachen Lösungen
Die Unionsfraktion fordert ein Sexkaufverbot – doch gut gemeint ist manchmal unterkomplex“ - 2023 Positionspapier der UN Human Rights (Menschenrechte): „Beseitigung der Diskriminierung von Sexarbeiter*innen und Sicherung ihrer Menschenrechte“
- 27.10.2023: Statement der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e. V.: Statement der Evang. Frauenhilfe: Sexkaufverbot ist keine Lösung
- 17. 09. 2023: FAZ: Ein Sexkaufverbot hat düstere Folgen
- 14. 09. 2023: das Europäische Parlament entschied: Kein „Nordisches Modell“ für ganz Europa
-
31. 08. 2023: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte wird aktiv gegen sog. Nordische Modell
- 2022 kam eine vom Irischen Justizministerium finanzierten Studie der Universität Limerick zu dem Ergebnis, dass die Einführung des Nordischen Modells die Prostituierten der Gefahr der Willkür und Misshandlung durch die Strafverfolgungsbehörden aus. So hätten 20 % der Prostituierten in der Studie berichtet, dass sie von Polizeibeamten sexuell ausgebeutet worden seien. Die Betreiber einer App, mit der Prostituierte gegen sie begangene Straftaten melden können, berichteten, dass sich die Anzahl der gemeldeten Straftaten nach der Kriminalisierung um 90 % erhöht habe.
- 24. 09. 2022: Neue repräsentative Umfrage bestätigt Ablehnung des sog. Nordischen Modells
- Sept. 2021: Neue Studie: Auswirkung von Sexkaufverboten und End-Demand-Ansatz auf Menschen in der Sexarbeit
- 14.05.2021: die Diakonie spricht sich für die Unterstützung von Sexarbeiter*innen und ganz klar gegen ein Sexkaufverbot aus: „Deutsche Kirche fordert Unterstützung für Prostituierte. Der soziale Dienst der evangelischen Kirchen sorgt sich um Prostituierte, die wegen des Arbeitsverbots in die Misere geraten. Sie sollen unter anderem Sozialhilfe erhalten.“
- Mai 2021: 77 Prozent der Befragten haben sich gegen ein Verbot käuflicher Sexleistungen ausgesprochen – lt. einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag des Südwestrundfunks. Die Zahlen sprechen für sich!
- 06.03.2021 – Tichyseinblick: Ein sehr differenzierter Beitrag von Frau Pantel/CDU-Bundestagsabgeordnete zum Sexkaufverbot: „Warum ein Sexkaufverbot den Frauen schadet?“
- 02.03.2021 – Entschließungsantrag von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen gegen ein Sexkaufverbot und nach einer Anhörung von Experten im Ausschuss: NRW Entschließungsantrag 02.03.2021
- 19.02.2021 – Evangelische.de: Diakonie gegen Sexkaufverbot
- 14.01.2021 – NRW – Stellungnahmen der Experten in der Öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gleichstellung und Frauen des Landtages von Nordrhein-Westfalen: https://www.landtag.nrw.de/home/dokumente_und_recherche/aktuelle-dokumente.html?dokTyp=ST&wp=17&dokNum=Drs%2017/10851&_eventId_sendform=suchen
- 06.01.2021: Stellungnahme zum Antrag “Nein! Zum Sexkaufverbot des Nordischen Modells”
der Fraktionen der CDU och FDP im Landtag Nordrhein-Westfalen (Drucksache
17/10851)1
Dr. Susanne Dodillet, Universität Göteborg/Schweden https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST17-3433.pdf - 21.11.2020 – Blick/Schweiz: „Kein Verbot für Freier wie in Schweden – Bundesrat will Sexkauf nicht verbieten“
- 18.11.2020 – FrankenfernsehenTV: Mit dem Stigma brechen – eine Sexarbeiterin berichtet von ihrem Berufsalltag
- 13.11.2020: Sozialdienst katholischer Frauen spricht sich gegen ein Prostitutionsverbot aus – betroffene Frauen brauchen Unterstützung, kein Verbot
- 05. Oktober 2020 – Stellungnahme der Diakonie Deutschland: „Diakonie für mehr Unterstützung statt Sexkaufverbot!“
- Juli 2020 – Stellungnahme der Stuttgarter Aidshilfe: „Antwort Sexkaufverbot?“
- 10. Juli 2020 – Frauen Union Nordrhein-Westfalen spricht sich gegen die Einführung eines Sexkaufverbotes aus _ Frauen Union Nordrhein-Westfalen
- 30. Juni 2020 – Offener Brief von Ban Ying e. V. Ban Ying OFFENER BRIEF- Rechte statt Verbote
-
24. Juni 2020 – Offener Brief des BufaS e.V. zum Sexkaufverbot
Der bufas e.V. ist ein Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter. - 27. Juni 2020 – GS:SG – Gemeinnützige Stiftung Sexualität und Gesundheit: „Sie werden – womöglich anlässlich der Corona-Pandemie – gebeten, einen Aufruf gegen Prostitution („Sexkaufverbot“) zu unterzeichnen? Bevor Sie das tun, hier ein kleiner Faktencheck: 2020_Faktencheck_GS SG. “
Weitere Infos: http://www.stiftung-gssg.de/themen-projekte/sexarbeit/beitraege-zu-sexarbeit/beitraege-zur-sexarbeit.html - 27. 05. 2020 – die humanisten „SCHUTZ STATT STIGMA FÜR SELBSTBESTIMMTE SEXARBEIT“
- den fantastischen Blog von Sonja Dolinsek: Menschenhandel heute: https://menschenhandelheute.net/2014/07/01/prostitution-und-menschenhandel-1-die-wahrheit-uber-das-nordische-und-schwedische-modell/?fbclid=IwAR3rqQTH2nzVHVdIjlqfIiZKOQVq7YNFAg_XwHv_iXMuZN3inJbZLVEiJk8
mit umfangreichen Quellenangaben - 19. 06. 2019: Juristin Monika Frommel nimmt Stellung: „Nordischer Materialismus breitet sich aus“
- Stellungnahme deutscher Organisationen gegen das Sexkaufverbot (11/2019) (Deutsche Aidshilfe, Deutscher Frauenrat e.V., Deutscher Juristinnenbund e.V., Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Dortmunder Mitternachtsmission e.V. – Beratungsstelle für Prostituierte, Ehemalige und Opfer von Menschenhandel, contra e.V. Kiel – Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein)
- Positionspapier des Deutschen Instituts für Menschenrechte zum Thema Prostitution und Sexkaufverbot (Oktober 2019)
- Amnesty International für die Menschenrechte von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern (08/2015) – siehe auch Video
- die Stellungnahme des Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V.: https://berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2019/09/11/stellungnahme-zu-sexkaufverbot-vorschlag-in-deutschland-freierbestrafung-gefaehrdet-die-sicherheit-von-tausenden-sexarbeiterinnen/?fbclid=IwAR3XXUCW7WIPvbhg32foZArf0QL7S7ghPkB3G6fnwR7vg2z4JIM9Wp93guA
- Blogbeitrag von Josefa Nereus auf ihrem Channel „Wissen. Macht. Sex!“: Freierbestrafung – Warum das Schwedisches Modell keine Lösung ist.
- Und wie erhellend es doch ist, mal über die Grenzen zu schauen! die Humanisten: Neuseeland macht es vor: Sexarbeit liberalisieren!