Wir decken auf …

Wir decken auf …

Eine klare Datenlage vermissen wir in der Prostitution. Fakten und Zahlen sind so gut wie nicht erfasst. Das bietet Tür und Tor für Vermutungen, Schätzungen und besonders für Fake News – auch im Kontext der aktuellen Diskussion um ein Sexkaufverbot.

Dem begegnen wir hier mit nachvollziehbaren und überprüfbaren Zahlen und Fakten und nennen die Quellen. So erstellen wir – Schritt für Schritt – eine Diskussionsgrundlage für alle an der Sexarbeit und deren Beteiligten interessierten Menschen.

Lüge Wahrheit
400.000 – 1 Mill. Sexarbeiter*innen arbeiten in Deutschland diese Zahl kursiert seit ca. 1986 Aufgrund der Registrierung nach dem ProstSchG werden seit 2017 Zahlen erhoben.

Das Statistische Bundesamt meldete zum 31. Dezember 2019 40.370 Sexarbeiter*innen.

Durch die Corona-Pandemie sank die Zahl im Jahr 2021 auf gerade einmal 23.740 gemeldete Sexarbeiterinnen. Die Zahl ist also in der Pandemie – unter anderem wegen der vielen restriktiven Vorschriften – stark gesunken.

Die nächste statistische Erhebung im Jahr 2022 ist ebenfalls sehr ernüchternd. Die aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes ergaben in einer Datenerhebung nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), dass in ganz Deutschland zum Ende 2022 gerade mal 28.278 Sexarbeitende registriert sind. Zwar nehmen die Registrierungen gerade wieder leicht zu (+19,1 % zu 2021), jedoch ist die Zahl weit vom 2019er-Wert entfernt und erst recht sind alle Zahlen sehr weit von den Behauptungen der Prostitutionsgegner*innen.

Selbst wenn wir von einer 20 bis 30%igen Dunkelziffer ausgehen, liegt die Zahl nach wie vor deutlich unter 50.000 Sexarbeiter*innen in Deutschland.

Neuste Quelle: FAZ-Artikel zu Zahlen in der Sexarbeit vom 18. Juni 2023

Betreiber sind Ausbeuter Das Statistische Bundesamt meldete zum 31. Dezember 2019 insgesamt 2.170 gültige Erlaubnisse für Prostitutionsstätten. Im Jahr 2021 stieg die Zahl der angemeldeten Betriebe leicht auf 2.290 (+120) und im Jahr 2022 waren es 2.310 Betriebe (+20). Auch diese Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt.

Alle diese Betriebe wurden von den Ordnungsbehörden genauestens überprüft, besonders die Zuverlässigkeit der Bordellbetreiber*innen und aller Mitarbeiter*innen. Diese Gewerbebetriebe werden häufiger überprüft und müssen mehr Auflagen erfüllen als die meisten anderen Gewerbe. Zu den regelmäßigen Kontrollen durch das Ordnungsamt, kommen ständige Kontrollen durch Polizei, Zollbehörden, Finanzamt, Gesundheitsamt und Bauamt.

Darüber hinaus veranstalten viele Betriebe regelmäßig Tage der offenen Tür. Interessierte können sich dort mit eigenen Augen von den Arbeitsbedingungen überzeugen. Auch geben einige Betriebe Interviews bei Presse und Fernsehen, wo sie Arbeitsalltag und -bedingungen schildern. Dort beschäftigte Sexarbeiter*innen kommen ebenfalls zu Wort. Alle Schilderungen widerlegen diese Behauptung!

Der BSD – Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V. überprüft standardisiert Betriebe auf Qualität, Zuverlässigkeit und vorhandene Arbeitsbedingungen. Werden diese erfüllt, gibt es ein Gütesiegel, anhand der sich Kund*innen, ähnlich wie beim Sternesystem für Hotels, von der Qualität eines Betriebes und dessen Gesetzeskonformität überzeugen können. Viele der Mitgliedsbetriebe nahmen bereits an Tagen der offenen Tür teil oder gaben Führungen für Frauen, Politiker*innen, Presse und Interessierte.

Viele Betriebe wehrten sich sogar per Klage gegen die ständige üble Nachrede, die auf einem Interview mit der Funke Mediengruppe zurückging. Hinzu kommt der Fakt, dass viele Betriebe sogar von Frauen geführt werden, die nicht selten selbst vorher als Sexarbeiter*innen tätig waren und allein deshalb von sich aus gute und saubere Arbeitsbedingungen anbieten wollen.

Personen zwischen 18 und 21 Jahren sind besonders vulnerabel. Ihnen soll die Ausübung der Prostitution verboten werden.

Laut Statischem Bundesamt waren am 31. Dezember 2019 von den 40.370 angemeldeten Prostituierten 2.100 (= 5 %) zwischen 18 und 20 Jahre alt. Im Jahr 2022 sank die Anzahl in dieser Altersgruppe um 50 %. Von den 28.278 angemeldeten Sexarbeiter*innen in 2022 waren die meisten (21.360 = 76 %) zwischen 21 und 44 Jahre alt. 5.870 (21 %) waren 45 Jahre oder älter und 1.050 (4 %) waren zwischen 18 und 20 Jahren alt.

Ihnen das Recht auf die Ausübung der Prostitution zu verwehren, verstößt gegen § 2 BGB (die Volljährigkeit tritt mit Vollendung des 18 Lebensjahres ein). Damit ist eine natürliche Person voll geschäftsfähig und trifft alle geschäftlichen, beruflichen und persönlichen Entscheidungen selbst (Kauf-, Miet- und Arbeitsverträge etc.). Ebenso ist Art. 2 GG (Würde des Menschen) und Art. 12 GG (Berufsfreiheit) zu beachten.

Informationen, Bildung, Professionalisierung, Empowerment, Rechte, Respekt und ein ausreichend finanziertes und breit aufgestelltes Hilfesystem schützen vor den Gefahren in der Prostitution – wie in allen anderen Berufsfeldern und Bereichen des Lebens auch.

1,2 Millionen Kunden besuchen täglich Sexarbeiter*innen in Deutschland Diese Zahl entbehrt jeder Realität. Sie basiert auf eine fiktive Hochrechnung und wurde nie untersucht bzw. durch eine Studie stichhaltig bestätigt. Die Zahl ist durch nichts belegt und eine reine Behauptung.
Sexarbeiter*innen VERKAUFEN ihren Körper und ihre Seele Sexarbeiter*innen verkaufen sexuelle Dienstleistungen und Zeit. Sie verkaufen NICHT ihren Körper und ihre Seele, dann stünden ja jetzt alle ohne Körper und Seele da.
Die Mehrheit der Bevölkerung möchte ein Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell bzw. ein Verbot der Prostitution. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap führte Ende April 2021 eine Umfrage bei 1.178 Bürger*innen durch.

  • 77 % sprachen sich gegen ein Verbot von käuflichen Sexleistungen aus.
  • 60 % sprachen sich gegen eine dauerhafte Schließung der Bordelle aus.

Das Erotikportal Erobella beauftragte das Marktforschungsinstitut Splendid mit einer repräsentativen Umfrage. Vom 24.08. bis 31.08.2022 wurden 1.009 Menschen (18 – 69 Jahre) zur Sexarbeit befragt. Beispielsweise wie diese über Prostitution denken, wie sie die Situation von Sexarbeiter*innen bewerten und ob Sexarbeit verboten werden soll. Die Ergebnisse der Studie widersprechen deutlich der ständigen Behauptung, die Bevölkerung wolle ein Verbot:

  • 77 % finden das Sexarbeit zur Gesellschaft gehört.
  • 14 % der Befragten haben selbst schon einmal erotische Dienstleistungen in Anspruch genommen.
  • Die Entwicklung in der Sexarbeiter-Branche in Deutschland wird insgesamt positiv bewertet; 35 % finden, dass sich die Situation der Sexarbeiter*innen in den letzten Jahren verbessert hat und 42 % stimmen dem Satz “Sexarbeiter*innen sind heute besser vor Ausbeutung und Gewalt geschützt als früher” zu.
  • 56 % lehnen die Einführung des “Nordischen Modells” klar ab.
Alle Sexarbeiter*innen sind Opfer von Menschenhandel

Das Bundeskriminalamt hat in seinem Bundeslagebericht Menschenhandel und Ausbeutung 2019 insgesamt 287 abgeschlossene Ermittlungsverfahren von Menschenhandel im Bereich sexuelle Ausbeutung aufgeführt. Das bedeutet einen Rückgang von -19,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Bei 40.400 gemeldeten Sexarbeiter*innen wären 287 Fälle ein %-Satz von 0,71.

Der BKA-Lagebild Menschenhandel für 2020 weist nach, dass der Anteil an Straftaten im Bereich der sexuellen Ausbeutung gegenüber 2019 um 1,4 % anstieg. Von den im Bereich des Menschenhandels ermittelten 465 Fällen betrafen 291 den Bereich der sexuellen Ausbeutung. Davon betrafen 183 Fälle den Tatbestand des § 232a StGB. Der Anstieg muss auch darauf zurückgeführt werden, dass gerade zu dieser Zeit aufgrund der fast ununterbrochenen Schließung aller öffentlich gemeldeten Betriebe der Sexbranche generell ein Anstieg der Fallzahlen bei den zu verzeichnenden Problemen der Branche zu beobachten war. Kurz: Wie von Fachleuten befürchtet führten gerade Verbote und Betriebsschließungen zum Anstieg, da Sexarbeit in den Untergrund gedrängt wurde. Was das Tatumfeld betrifft wurde – auch wegen der covidbedingten Schließungen – eine deutliche Zunahme im Haus- und Hotelbereich oder innerhalb der Wohnungsprostitution konstatiert. Das BKA führt den Rückgang im Bereich der Bar- und Bordellprostitution auf die Wirkungen des Prostituiertenschutzgesetzes zurück. Nur jedes fünfte Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung verfügte über eine Registrierung nach dem ProstSchG. Auf Seiten der Täter weißt der Bericht auf die enge soziale, kulturelle bzw. familiäre Bindung zu Opfern hin. Freier werden im Bericht als Täter nicht aufgeführt (vgl. S. 3 – 13).

Auch Sexarbeiter*innen wehren sich immer wieder gegen die Behauptung, es gäbe keine Freiwillige Sexarbeit.⁠

Schlagwort: Fakten