Die CDU und CSU-Parteien bzw. einige ihrer führenden Mitglieder*innen haben sich in den letzten Jahren wahrlich unrühmlich gegenüber der Sexarbeit verhalten. Sie verbreiten schaurige, dramatisierende Geschichten, die mit nichts belegt sind und jegliche Fakten und Daten missachten. Von dieser Seite wird am lautesten ein Sexkaufverbot für Deutschland gefordert. Nun hat es diese Forderung in deren Wahlprogramm geschafft. Hier die Schritte der CDU/CSU in chronologischer Reihenfolge. |
Chronologie einer ignoranten Forderung: 2024-12-13: Die Forderung nach einem Sexkaufverbot hat es stark verklausuliert in den Entwurf des Wahlprogramms für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 geschafft. Dort heißt es in Zeile 1329: „Prostituierte wirksam schützen. Immer noch gibt es Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch. Menschenhandel, Zwangsprostitution und Clankriminalität sind ein großes Übel und müssen bekämpft werden. Das „Dreisäulenmodell“ kann dabei als Orientierung dienen. Ein besonderer Fokus soll dabei auf der Präventionsarbeit liegen.“ Die Worte „Sexkaufverbot“ oder „Nordisches Modell“ werden nicht verwenden. Was jedoch unter dem „Dreisäulenmodell“ zu verstehen ist, haben die Parteien schon vorher deutlich gemacht. 2024-09-23: Im Bundesfamilienausschuss fand die Anhörung zum Thema „Sexkauf bestrafen“ statt. Grundlage war der von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachte Antrag „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“. „Dazu soll nach dem Vorbild des sogenannten „Nordischen Modells“ ein Dreisäulenmodell für Deutschland entwickelt werden. Zentrale Säulen dieses Modells sind: – der Ausbau von Präventions- und Ausstiegsangeboten, – die Einführung einer Strafbarkeit für den Kauf sexueller Dienstleistungen – sowie die Stärkung der Durchsetzungsautorität der Verwaltungs- und Vollzugsorgane.“ Unter Punkt II heißt es deutlich: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf […] eine allgemeine Freierstrafbarkeit einzuführen und den Kauf sexueller Dienstleistungen im Grundtatbestand als Vergehen zu ahnden […]“ siehe hierzu: Anhörung im Bundesfamilienausschuss zum Thema „Sexkaufverbot“ – Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V. 2024-05-07: Beim Parteitag verabschiedete die CDU ihr neues Grundsatzprogramm „In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“ – mit der klaren Positionierung: „Sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel und Prostitution sind mit der Würde von Menschen nicht vereinbar. Deshalb unterstützen wir ein Sexkaufverbot und Hilfen beim Ausstieg aus der Prostitution.“ 2024-02-23: Die CDU/CSU-Fraktion forderte per Antrag die Strafbarkeit von Sexkauf. Der Bundestag beriet dazu erstmals öffentlich (1. Lesung). Hauptforderung: „[…] eine allgemeine Freierstrafbarkeit einzuführen und den Kauf sexueller Dienstleistungen im Grundtatbestand als Vergehen zu ahnden.“ 2023-11-07: Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag verabschiedete das Positionspapier „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“. Somit ist klar: CDU/CSU verfolgen – neben ihrer Stimmungsmache in Medienberichten, Veranstaltungen und durch das Engagement Einzelner – auf der parlamentarisch-rechtlichen Ebene stringent die Einführung eines Sexkaufverbots in Deutschland. März/April 2025: Nach der Bundestagswahl wird in den Arbeitsgruppen für den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD auch um die Einführung des sog. Nordischen Modells gestritten. Es rückt also immer näher! Presse: Konsequent treten wir dem entgegen! AUFATMEN: Anfang April 2025: Lt. Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD (Zeile 3276-3279) wurde folgendes zum Thema „Prostitution“ beschlossen: „Prostituiertenschutzgesetz: Deutschland ist so eine Drehscheibe für Menschenhandel geworden. Die Opfer sind ausnahmslos Frauen. Im Lichte der Evaluationsergebnisse zum Prostituiertenschutzgesetz werden wir mit Unterstützung einer unabhängigen Experten-Kommission bei Bedarf nachbessern.“ Damit ist ein sog. Sexkaufverbot zwar nicht vom Tisch, aber zumindest aufgeschoben. Offensichtlich haben die Verhandler*innen verstanden, dass die Ergebnisse der Evaluation wichtige Daten und Fakten liefern werden, die unbedingt berücksichtigt werden sollten – im Gegensatz zu den immer gleichen und unbewiesenen Vorwürfen – wie auch hier: wo wird der Beleg geliefert, dass Deutschland zu einer „Drehscheibe für Menschenhandel“ geworden ist? Und die Einbeziehung einer Experten-Kommission ist immer gut – wenn dies auch die Akteure/die wahren Experten der Sexarbeitsbranche (also Sexarbeiter*innen, Bordellbetreiber*innen, Kund*innen und deren Interessenvertretungen) einschließt. Wir haben immer gesagt: redet mit uns! Es bleibt also spannend! – wer wird Bundesfamilienminister*in? – welche Themen stehen ganz oben auf der Prioritätenliste? – wer wird Druck auf die Bundestagsabgeordneten ausüben und das Thema wieder ganz nach vorne schieben? – etc. Weitere Infos mit vielen Quellen, die ständig ergänzt werden: https://bsd-ev.info/sexkaufverbot/ |
