Pressespiegel rund um Corona + Sexarbeit

In zahlreichen Presseberichten wird über die Situation der Sexarbeits-Branche unter dem monatelangen Corona-Lockdown der Politik berichtet, von den Nöten der Sexarbeiter*innen und Bordellbetreiber*innen und anderer, aber auch von den einzelnen Aktionen, Demonstrationen und Protesten. Inzwischen wurden die Bordelle – unter strengen Hygienemaßnahmen – wieder geöffnet. Hier findet ihr einen kleinen Überblick.

01.07.2021: Badische Zeitung: „Warten auf die Freier“
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01.07.2021: All-in.de – Kempten online: „Sexarbeit wieder erlaubt: In Kempten sind die meisten Prostitutionsstätten geöffnet“

20.03.2021: Deutschlandfunk: „Prostitution in Corona-Zeiten – Die Freier wollen trotzdem Sex“

17. 01.2021: Die Welt

14.11.2020: Handelsblatt: „Was der zweite Lockdown für die Prostitution bedeutet“

11.11.2020: Bild: „Deutschlands Bordelle sind dicht….“

„Deutschlands Bordelle sind dicht, rund 41 000 Sexarbeiterinnen sind ohne Einkommen. Viele begeben sich in Gefahr, um trotzdem Geld zu verdienen.

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Krawall in der Eichhörnchen-Bar

Krawall in der Eichhörnchen-Bar

Natascha tobt schon seit einer Weile – explosionsartig schreit sie: „Lügen“ – „Fake News“ – „Verrat“ – „verlogene Gesellschaft“. „Ich bin diese Bigotterie und Doppelmoral leid.“

Sie lässt sich nicht beruhigen. Im Gegenteil. Sie wird immer wütender. Betty und Lilli wissen nicht, wie sie sie beruhigen können. Sabrina hebt nur die Arme und verdreht die Augen. Sie sitzen um die Theke – halten jeweils 1,50 Meter Abstand. Corona halt!

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27.08.2020: „Wir wollen arbeiten und leben! Öffnet die Bordelle!“

27.08.2020: „Wir wollen arbeiten und leben! Öffnet die Bordelle!“

 

Demonstration in Düsseldorf
27.08.2020, 11 – 18 Uhr
vor dem Landtag NRW – Platz des Landtags 1

 

27.08.2020 – Demonstration vor dem Landtag in Düsseldorf – Foto: Gerhard Wollenhaupt

Seit Mitte März sind alle Bordelle wegen Covid19 geschlossen – außer seit kurzem in Bayern, Berlin, Thüringen und dem Saarland.

 

Sexarbeit in Bordellen ist also in den meisten Bundesländern verboten – außerhalb von Bordellen ist Sexarbeit dagegen erlaubt oder wird zumindest toleriert oder geduldet. Hier setzen sich Sexarbeiter*innen großen Gefahren aus. Der Schutz der Bordelle wird ihnen von der Politik verwehrt. Geht die Politik bewusst diese Situation ein?

 

Wie in andere Branchen, wollen auch wir wieder arbeiten und damit unser altes Leben zurückgewinnen – wenn auch unter den durch Corona bedingten Veränderungen.

 

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26. 08. 2020: Wovon träumen Sie nachts, Herr Bürgermeister Tschentscher und  Frau Sozialsenatorin Leonhard?

26. 08. 2020: Wovon träumen Sie nachts, Herr Bürgermeister Tschentscher und Frau Sozialsenatorin Leonhard?

 

 

Wir sind wütend….ärgerlich….

Seit Monaten sind die Bordelle geschlossen – während es nach und nach in fast allen anderen Branchen zu Lockerungen kam. Selbst Veranstaltungen mit bis zu 1.000 Personen sind wieder erlaubt.

Eine Öffnung der Bordelle in Hamburg zum 01. September haben Sie gestern ausgeschlossen. Warum?

  • Schon Anfang Mai haben wir Ihnen ein Corona-Hygienekonzept vorgelegt – neben umfangreichen Papieren, die die Abläufe in den verschiedenen Prostitutionsstätten detailliert beschreiben.
  • Sexarbeiter*innen sind Expert*innen in Sache Gesundheit – das haben wir in den letzten Jahrzehnten bewiesen. Aus den Nachbarländern Holland, Belgien, Schweiz, Österreich und Tschechien liegen positive Meldungen vor: es kam zu keinen Infektionen in Bordellen.
  • In allen Bordellen kann ein 1 : 1 Kontakt zwischen einem (1) Kunden und einer (1) Sexarbeiter*in sichergestellt werden. Sexarbeit ist kein Ereignis von vielen Menschen gleichzeitig, die sich über Stunden in geschlossenen Räumen aktiv bewegen!
  • Sexarbeit außerhalb der Bordelle nimmt zu – die Sexarbeiter*innen setzen sich einem unnötigen Gefahrenrisiko aus. Hier liegen Ihnen eindeutige Forderungen der Fachberatungsstellen der Prostitution, der Gesundheitsämter und der Polizei vor!
  • In Bordellen können Corona-Schutzmaßnahmen überprüft werden. Aus Bayern und Berlin liegen inzwischen Erkenntnisse vor, dass diese genauestens eingehalten werden. Auch geben die Kund*innen problemlos ihre Kontaktdaten an.

Sie halten uns seit Monaten hin. Verweigern Gespräche mit uns! Während Sie anderen Branchen den roten Teppich ausrollen. Sind wir weniger wert?

Dass Sie mit „den Nachbarländern eine einheitliche Regelung anstreben, damit es zu keinen Ausweichbewegungen nach Schleswig-Holstein oder Niedersachsen komme“, halten wir für eine reine Schutzbehauptung. Denn nirgendwo ist es zu einer „Ausweichbewegung“ oder einem „Sex-Tourismus“ nach einer Öffnung der Bordelle gekommen, weder in Bayern nach der Öffnung der Bordelle in Österreich, noch in Nordrhein-Westfalen nach der Öffnung in Holland, noch von Brandenburg nach der Öffnung in Berlin.
Diese Behauptung ist reine Phantasie oder Träumerei. Die Wahrheit ist: wie auch in der Gastronomie gestaltet sich das Geschehen in den Bordellen nach der Öffnung eher schleppend. Kein Boom! Kein Run! Kein Lauf!
Und mit den anderen Bundesländern hätten Sie seit Monaten verhandeln und eine einheitliche Regelung finden können. Oder sieht die einheitliche Regelung „die Schließung“ vor?

Wenn Sie trotz fallender Infektionszahlen und einer weiterhin stabilen Lage in den Krankenhäusern und trotz der Erkenntnis, dass Infektionen von Urlaubern, Familienfesten und bestimmten Arbeitssituationen in Großfabriken ausgehen, die Bordelle nicht öffnen, müssen Sie von anderen Motiven geleitet sein. Welchen?

Wir vermissen einen fairen Umgang mit unserer Branche, Gleichberechtigung und Verhältnismäßigkeit.

Wollen Sie die Prostitution austrocknen? Verbieten? In den Ruin treiben?

Wir sind Steuerzahler*innen und Bürger*innen wie alle anderen auch!

Wir fordern die Öffnung der Bordelle – jetzt – in allen Bundesländern. Werden Sie endlich aktiv:

Herr Tschentscher,
Herr Bürgermeister Dr. Bovenschulte,
Herr Ministerpräsident Weil,
Herr Ministerpräsident Günther,
Frau Ministerpräsidentin Schwesig,
Herr Ministerpräsident Laschet,
Herr Ministerpräsidenten Woidke,
Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff,
Herr Ministerpräsident Kretschmann,
Frau Ministerpräsidentin Dreyer,
Herr Ministerpräsident Bouffier.

Schauen Sie über den Tellerrand. Lernen Sie von unseren europäischen Nachbarländern und Bayern, Berlin, Thüringen, dem Saarland und Sachsen!

Pressemitteilung 26. 08. 20 Wovon träumen Sie nachts

Krawall in der Eichhörnchen-Bar

20. 08. 2020: Die lügen…Öffnet die Bordelle!


Gerichte und Behörden lügen/oder verstecken sich hinter falschen Behauptungen!

 

Seit Monaten setzen sich Sexarbeiter*innen, Bordellbetreiber*innen, Kund*innen und Sympathisant*innen für die Öffnung der Bordelle ein – mit Corona-Schutzmaßnahmen, die auf jedes Bordell individuell angepasst werden können. Als Antwort wird uns von der Politik und den Behörden immer wieder vorgehalten, dass

  • „Aerosole besonders in der Prostitution ein Gefahrenpotential darstellen“,
  • „Sexuelle Dienstleistungen gingen regelmäßig mit Geschlechtsverkehr einher“
  • Hygiene-Maßnahmen in der Prostitution nicht umgesetzt werden könnten – „Es sei lebensfremd dies anzunehmen“ und
    „Insbesondere werde sich die Einhaltung von Hygiene- und Infektionsschutzstandards …. nicht zuverlässig umsetzen lassen. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Erbringung einer sexuellen Dienstleistung umgesetzt werde. Unrealistisch sei auch die Umsetzung der Pflicht zur Erhebung der Kundenkontaktdaten. Schließlich bestünden erhebliche Zweifel, dass der Verpflichtung zur ausreichenden Belüftung der Betriebsräume nachgekommen werde. Denn die Fenster der Massageräume seien blickdicht verklebt und zur Vermeidung von Geräuschen während der Massage geschlossen zu halten.“
  • „Angesichts der besonders gewollten intimen Atmosphäre in den Bordellen, der körperlichen Erregungszustände der Beteiligten und dem Bedürfnis nach Anonymität ist anzunehmen, dass eine Kontrolle – gar durch Dritte – während der Dienstleistung an Grenzen stößt, wenn nicht sogar völlig unmöglich sein dürfte. „
    „Es sei unrealistisch, in der Sexarbeit Hygienemaßnahmen einzuhalten“.
  • eine Kontaktverfolgung nicht möglich sei, da die Kunden an ihrer Anonymität festhielten, was der allgemeinen Lebenserfahrung entspräche.

 

Selbst in den verschiedensten Gerichtsverfahren tragen dies Richter vor.
Wir fragen uns: Woher haben sie dieses Wissen, diese Erkenntnisse, diese Lebenserfahrung?
Diese falschen Behauptungen beweisen leider nur, wie groß die Unkenntnis über Sexarbeit an sich ist, wie viel in Klischees gedacht und gehandelt wird….um Nachteil unserer Rechte und der Verfestigung des Stigmas!

Doch die Realität hat bewiesen:
Nicht nur von unseren Mitgliedsbetrieben in Bayern (wo seit Mitte Juli bzw. ab 31. 07. 2020 die Bordelle öffnen dürfen, wenn ein 1 : 1 Kontakt zwischen einer Sexarbeiterin und einem Kunden sichergestellt werden kann) und in Berlin (wo ab 08. 08. 2020 zunächst nur mit erotischen Massagen und BDSM-Praktiken und ab 01. 09. 2020 alle sexuellen Dienstleistungen in Bordellen wieder erlaubt sind), sondern auch von allen anderen wieder regulär geöffneten Bordellen wird berichtet:

  • sexuelle Dienstleistungen sind vielfältiger, als offensichtlich die Politik, etc. denkt. Erotische Massagen werden sehr befriedigend für die Kunden gerade in Berlin angeboten. Wie armselig wäre unsere Sexualität, wenn sie auf Verkehr reduziert würde?
  • „Lt. Befund des Robert-Koch-Instituts ist eine Verbreitung der Infektion im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich durch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen zu vermeiden. Dazu gehören Hygienemaßnahmen, das Einhalten von Husten- und Niesregeln, Abstand halten und in bestimmten Situationen eine Mund-Nasenbedeckung tragen.“ In den geöffneten Bordellen werden diese Schutzmaßnahmen konsequent und bewiesen umgesetzt.
  • Auch geben die Kunden – wie z. B. in Restaurants – in Bordellen ihre Kontaktdaten an, denn ihnen ist ihre eigene Gesundheit wichtig und die Bedeutung der Nachverfolgung von Kontaktdaten zur Eindämmung von Corona ist ihnen bekannt.

 

Auch ist interessant, dass es bisher keine Erkenntnisse zu Übertragungsrisiken von Sexarbeiter*innen im Kontext von SARS-CoV-2 gibt. Im Gegenteil: „das Bundesamt für Gesundheit „BAG“ aus der Schweiz (wo die Bordelle seit dem 06. Juni wieder geöffnet sind) veröffentlichte erste Zahlen zu bekannten Ansteckungsorten. Für die Rotlicht Branche sind es gute News. Trotz Befürchtungen aus gewissen Kreisen, Erotikbetriebe würden die Verbreitung des Coronavirus begünstigen, weiss man heute, dass dies nicht der Fall ist. Im Gegenteil: Die aktuellen Zahlen, welche durch die kantonalen Contact-Tracer beim BAG eingingen, zeigen keinen einzigen Fall, der auf einen Sexclub zurückzuführen ist. Auch andere Orte mit engem Körperkontakt, wie Massagestudios oder Coiffeursalons, scheinen keinen nennenswerten Einfluss auf die Zahlen der Neuansteckungen zu haben.“

Begriffe wie „Super-Spreader“ im Kontext zur Sexarbeit sind reine Erfindungen.

Stimmen aus der Praxis:
Melanie kam aus Bayern mit folgenden Erfahrungen nach Speyer zurück:
Die Kunden kamen vorsichtig, nicht in Massen zurück. Sie waren zu 80 % sofort mit den Maßnahmen, die getroffen werden mussten, einverstanden: Maske, Fieber messen, eingeschränkter Service, Terminvereinbarungen und Kontaktverfolgung. Alle diese Dinge, die wir vor einigen Monaten noch für undenkbar hielten, waren jetzt machbar.

Die wenigen Kunden, die in den ersten Tagen nicht einverstanden waren und deswegen weggeschickt werden mussten, kamen zu 90% Mitte der Woche wieder zurück und akzeptierten die Auflagen.“

Eva aus München:
„Für mich war die Handhabe in den ersten 2 Tagen ungewohnt. Routinehandgriffe mussten überdacht und anders gestaltet werden, das hat sich aber eingespielt.

Der Service, ein Mix aus erotischer Massage und Sex mit wenigen, gesichtsfernen Stellungen, keine oralen Praktiken, keine Küsse, keine Umarmungen – dafür aber bei Nachfrage BDSM oder Rollenspiele war variantenreicher umzusetzen als gedacht. SDL und Kunden waren am Ende des Tages zufrieden mit dem was möglich war.

Fred aus Berlin:
„Die Umsetzung der Corona-Hygienemaßnahmen hat uns schon viel Arbeit beschert und auch Sorgen bereitet: was ist möglich? Was wird klappen? Wenn wir natürlich auch nicht die alten Umsätze erwirtschaften konnten, war es ein positiver Neustart.“

Wir rufen die Politik zu einem Umdenken auf. Öffnen Sie die Bordelle – schon allein aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und aus Schutzgründen für die Sexarbeiter*innen und die Bevölkerung.

Wir rufen alle Menschen auf uns zu unterstützen. Unterschreiben Sie unseren Appell: www.sexarbeit-gleichstellen.de
Seit dem Start am 16. 07. 2020 unterstützten uns schon fast 1.300 Menschen mit ihren Unterschriften. Wir rufen alle Kunden, Freunde und Sympathisant*innen ein, uns hier zu unterstützen.

Download Pressemitteilung 20. 08. 2020 die lügen

Schlagwort: Corona